Vorträge

Stephanie Napoleon – die badische Sissi (1789-1860)

Kurzfassung des am 20. Februar 2019 von Dr. Susanne Himmelheber gehaltenen Vortrags

Dr. Susanne Himmelheber würdigte in Ihrem Vortrag vom 20. Februar 2019 im Restaurant der Stadt-Residenz Heidelberg das Leben und Wirken von Stéphanie de Beauharnais; der Adoptivtochter von Napoléon Bonaparte und Großherzogin von Baden: Eine Französin, die bewusst als Deutsche leben wollte, eine Frau mit Bildung und sozialem Verständnis. Es gelang ihr – der ungeliebten Braut aus Frankreich – nach und nach, die Herzen ihrer Untertanen für sich zu gewinnen. Sie beeinflusste nachhaltig das Kulturleben der Stadt Mannheim, in der sie mehr als 40 Jahre lebte.


„Der Versuch, unter schwierigen Umständen einen Ausgleich zwischen zwei ihr nahe stehenden Völkern herbeizuführen, wird heute mit größerem Verständnis beurteilt werden als zu ihren Lebzeiten.“ Diese Hoffnung äußert Rudolf Haas 1976 am Ende seiner Biografie „Stephanie Napoleon. Die erste badische Großherzogin“. Gleichwohl scheint die erste badische Großherzogin Stephanie weitgehend vergessen – vor allem in Heidelberg: Im Unterschied zu ihren Nachfolgerinnen Sophie, Luise und Hilda wurde hier keine Straße nach ihr benannt, obwohl sie ihren Nachfolgerinnen an Wohltätigkeit kaum nachstand und sie an Schönheit und Esprit übertraf, war sie doch eine echte Französin!


1789 in den Wirren der Französischen Revolution geboren, verlor sie früh ihre Mutter. Ihr Vater Joseph de Beauharnais war ein entfernter Verwandter von Josephine de Beauharnais, diese holte das kleine Mädchen nach Paris.


Hier besuchte Stephanie das Mädchenpensionat der Madame Campan, später betonte sie, wie viel sie dieser Erzieherin verdankte.


Zugleich genoss Stephanie das Hofleben in den Tuilerien, 1804 nahm sie an der Kaiserkrönung teil: „Der Augenblick war groß und feierlich, der mich als Kind von dreizehn Jahren so ergriffen hat, dass mein ganzes Wesen erschauerte“, heißt es in ihren nur zum Teil veröffentlichten Erinnerungen. Zeit ihres Lebens blieb sie eine – wenn auch nicht unkritische – Verehrerin Napoleons I.


In Napoleons Heiratsstrategie sollte Stephanie nun eine Rolle spielen: Er hatte sie als Braut für den badischen Erbprinzen Karl vorgesehen. Als dessen adelsstolze Mutter Amalie sich Napoleons Heiratsplänen widersetzte, adoptierte er Stephanie kurzerhand, „Alors je l´adopte“ wurde bald zum Bonmot. Fortan trug sie den Namen Napoleon und genoss als kaiserliche Hoheit den Vortritt am badischen Hof, sehr zum Ärger der Markgräfin Amalie. Entsprechend kühl war der Empfang des jungen Paares nach der Pariser Hochzeit 1806 in Karlsruhe – nur einige ältere Herren, allen voran der Hofdiakon Johann Peter Hebel, erfreuten sich an der „jugendlichen und jungfräulichen Anmut und dem bedeutenden Auge der Prinzessin“.


Ganz anders wurde die katholische lebenslustige Stephanie in Mannheim empfangen: Hier hoffte man, dass das junge Paar im großen Schloss residiere und so aus der „zweiten badischen Residenz“ eine erste würde.

Tatsächlich hielt Stefanie mit ihrer jungen Entourage in Mannheim Hof, getrennt von ihrem gleichgültigen Ehemann und wurde zunehmend unglücklich und krank. Erst ein Brief Napoleons „Willst du dich weiter so benehmen, schicke mir meine Tochter zurück. Du bist ihrer nicht würdig“, brachte den Erbgroßherzog zur Raison und bald schien sich auch die Liebe einzustellen.


Im Juni 1811 gebar Stephanie ihre erste Tochter und als wenige Tage darauf der alte Großherzog Carl Friedrich starb, zog das Paar ins Karlsruher Schloss. Die Geburt eines Sohnes im September 1812 und sein Tod zwei Wochen später sowie der Tod eines zweiten Sohnes 1816, der gleichfalls bald nach der Geburt starb, gaben Anlass zum „Kaspar-Hauser Gerücht“, zumal alle drei Töchter gesund überlebten.


Beim Fürstentag in Frankfurt lehnte Carl den Rat seiner Kollegen ab, sich von Stephanie zu trennen – so ist sie die einzige aus Napoleons Heiratszirkus, die ihren Rang lebenslang behielt. Gleichsam als Zeichen ihrer neuen Bindung an Baden gründet sie 1814 den ersten Badischen Frauenverein. Ferner unterstützte sie die pietistische Gräfin Graimberg, die in Karlsruhe ein Mädcheninstitut führte – ähnlich dem der Madame Campan. Auch ihre Töchter genossen den Unterricht der Gräfin Graimberg und als Stephanie nach dem frühen Tod ihres Mannes im Jahr 1816 nach Mannheim zog, folgte auch die Schule. Das Mädcheninstitut sollte bis 1911 existieren, es war also Teil der fortschrittlichen Mädchenerziehung in Baden, die 1900 zum Frauenstudium an den beiden badischen Universitäten in Heidelberg und Freiburg führte.


Stephanie residierte fortan in dem etwas unwohnlichen großen Mannheimer Schloss, ihr Charme scheint viele Besucherinnen und Besucher angezogen zu haben.

„Die junge Witwe lebte ihren Studien, sie malte, sie las, sie komponierte, sie sah die Gesellschaft mit der sie sympathisierte. Drei blühende Töchter, eine immer schöner als die andere umstanden die noch immer reizende Mutter“, schrieb Baron von Ungern-Sternberg 1829 in sein Tagebuch. Von Stephanies Zeichentalent künden viele Skizzen, die leider nicht veröffentlicht sind, ihre musikalischen Fähigkeiten bezeugten Komponisten wie Carl Maria von Weber und Robert Schumann. Nicht nur ihr großes Interesse an Geschichte sondern auch ihre Bedeutung als Zeitzeugin waren die Grundlage ihrer Freundschaft zum Heidelberger Historiker Friedrich Christoph Schlosser, der ihr die zweite Ausgabe seiner „Geschichte des 18.Jahrhunderts und des 19. bis zum Sturz des französischen Kaiserreichs“ widmete.


Denkmal der Großherzogin Stephanie an dem nach ihr benannten Rheinufer: „Stephanienufer“ in Mannheim.

Stephanie teilte die Begeisterung der Mannheimer fürs Theater, gründete den Allgemeinen Wohltätigkeitsverein, der Kindergärten, Suppenküchen und Dienstbotenschulen organisierte und verlieh während des Maimarkts die Trophäen beim Pferderennen. Gegen Ende ihres Lebens bestand ihr Hofstaat aus ihren mit ihr gealterten Freundinnen aus dem Institut der Madame Campan, sodass mancher Besucher lästerte – aus Mannheim sei nun „Weiberheim geworden“, das jedoch immer noch so anziehend war „dass mancher Reisende das langweilige Karlsruhe mied und in Mannheim einkehrte“. Über die Großherzogswitwe notierte Marie Bunsen 1836: „Sie hat den Takt einer französischen Dame, die Formen der Etikette zu mildern, und ihr Lebenswandel soll, trotz ihrer schwierigen Stellung, ganz musterhaft gewesen sein“.


1860 ist Stephanie in Nizza gestorben – 1907 hat die Stadt Mannheim aus Anlass des 300jährigen Stadtjubiläums ein Standbild Stephanies am Eingang zum Waldpark aufgestellt, wo es noch heute an die erste badische Großherzogin erinnert.

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